EuroMemorandum 2017

Die Europäische Union: Gefahr der Desintegration



Unsere Partnerorganisation EuroMemo Gruppe hat ihr Jahresgutachten auf deutsch veröffentlicht: Makroökonomische Maßnahmen und die Alternativen zur Stagnation

Die Krise der Europäischen Union (EU) ist komplex und hat sich während des letzten Jahres zusehends vertieft. Das britische Referendum über die EU-Mitgliedschaft und die Entscheidung für den Brexit waren nur das klarste Zeichen der Gefahren für die europäische Integration. Die Polarisierung zwischen den Kernländern und der Peripherie der Eurozone hält an. Der große Zustrom von Flüchtlingen aus kriegszerrütteten Gebieten im Mittleren Osten hat innerhalb der EU zu erbitterten Konflikten über die Zuständigkeitsfrage geführt. Die Art und Weise, mit der die Befürworter des Freihandels das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) durchsetzten, machte eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber Einwänden von demokratisch gewählten Organen deutlich (z.B. die belgischen Regionen Wallonie und Brüssel).

Angesichts der komplexen Krise gibt es von den Sozialdemokraten bis hin zu den rechten nationalistischen Kräften einen breit getragenen Konsens für eine stärkere Militarisierung der EU. Ansonsten sind unterschiedliche Strategien für den Umgang mit der Krise erkennbar. Die vorherrschende Antwort, die von der Mehrheit der christdemokratischen, sozialdemokratischen und liberalen Kräfte vertreten wird, ist Muddling-Through ('Sich-Durchwurschteln'). Dieser Ansatz führt den neoliberalen Integrationsansatz fort und ist bemüht, die bestehende geografische Struktur der Eurozone und des Schengen-Raums zu bewahren. Er wird den zunehmenden Trend zur Desintegration höchstwahrscheinlich nicht aufhalten können. Es gibt zwei Nebenformen des Muddling-Through. Insbesondere Sozialdemokraten in Frankreich und im Mittelmeerraum setzen sich für Muddling-Through mit einem größeren fiskalischen Handlungsspielraum und mehr öffentlichen Investitionen ein. Die andere Nebenform befürwortet einen kleineren Schengen-Raum mit strengeren Grenzkontrollen. Sie wird von einem relativ breiten Spektrum an Kräften insbesondere in Deutschland, Österreich und Zentralosteuropa vertreten. 'Kerneuropa'-Strategien mit einer kleineren und homogeneren Eurozone werden von rechten nationalistischen Kräften wie der Lega Nord in Italien, der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der Alternative für Deutschland (AfD), aber auch einigen christdemokratischen Kreisen befürwortet. Im rechten Spektrum gibt es schließlich Konzepte für 'Ein Europa der Nationen', die tendenziell dafür plädieren, dass sich der europäische Integrationsprozess auf den gemeinsamen Binnenmarkt und damit verbundene wirtschaftliche Regulierungen konzentriert und der Handlungsspielraum für nationale Wettbewerbsstrategien vergrößert wird. Rechte nationalistische Parteien wie Fidesz in Ungarn und Prawo i Sprawiedliwość (PiS) in Polen messen außerdem regionalen Förderstrukturen große Bedeutung für die Integration bei. Einige Kräfte der nationalistischen Rechten tendieren sogar für einen Austritt aus der EU.

Die englischsprachige Langfassung des EuroMemorandum 2017 findet sich hier[1].

Die deutschsprachige Langfassung[2] kann hier[3] abgerufen werden
.

Die deutschsprachige Kurzfassung[4] kann hier[5] abgerufen werden
.


Das vorliegende EuroMemorandum bezieht sich auf Diskussionsrunden und wissenschaftliche Arbeiten, die auf dem 22. Workshop zu einer alternativen Wirtschaftspolitk in Europa vom 15. - 17. September 2017 in Coimbra, Portugal präsentiert wurden.

Links:

  1. http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2017.pdf
  2. http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2017_german.pdf
  3. http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2017_german.pdf
  4. http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2017_summary_german.pdf
  5. http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2017_summary_german.pdf