29.04.2019
Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik

MEMORANDUM 2019 vorgestellt

Klimakollaps, Wohnungsnot, kriselnde EU

Die Klimakatastrophe ist neben der Massenarbeitslosigkeit und der sich verfestigten Armut die größte Herausforderung an die Politik. Die vorherrschende Politik versagt jedoch mit ihrer marktradikalen Wachstumsfixierung. Das Festhalten an alten Strukturen kommt nicht nur der jungen Generation teuer zu stehen.

Nicht nur in Sachen Klimaschutzpolitik ist es fünf vor Zwölf. Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik unterstützt deshalb ausdrücklich den öffentlichkeitswirksamen Freitags-Protest der Schüler*innen. In dieser Situation kommt der EU eine besondere Rolle zu. Sie kann politischen Gestaltungsspielraum nutzen, wo Nationalstaaten zögern. Dies gilt insbesondere bei der Klimapolitik. Das Memorandum 2019 zeigt dringend notwendige Alternativen auf. „Klima-Kooperation kann der EU eine neues Fundament geben“, erklärt Prof. Dr. Mechthild Schrooten von der Hochschule Bremen. Es geht darum nach vorn zu denken.

Denn die deutsche Energiewende ist eine Stromwende geblieben. Die ebenso notwendige Gebäudewende und die Verkehrswende haben dagegen einen riesigen Nachholbedarf. Beim weltweiten Klimaschutzindex von Germanwatch ist Deutschland inzwischen auf Rang 27 von 60 abgerutscht. Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup von der Westfälischen Hochschule erklärt: „Für die nicht vom Europäischen Emissionshandelssystem in Europa erfassten Sektoren ist eine nationale CO2-Steuer oder -Abgabe auf fossile Brennstoffe dringend notwendig. Als Einstieg in die CO2-Besteuerung ist ein Steuersatz von 30 Euro pro Tonne CO2 dringend geboten. Der Steuersatz sollte dabei bis 2020 stufenweise auf 50 Euro und bis 2040 auf 100 Euro steigen.“ Hierbei darf es allerdings nicht zu noch verschärften Ungerechtigkeiten bei der Verteilung kommen. Eine regressive Wirkung der CO2-Steuer läßt sich durch eine entsprechende von der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik seit langem geforderte Steuer- und Finanzpolitik vermeiden. Mechthild Schrooten: „Der damit verbundene Transformationsprozess bietet gleichzeitig eine positive sozial-europäische Reformvision, die zukunfts- und mehrheitsfähig sein und der europäischen Idee einen zukunftsorientierten Inhalt geben muss.“

Nach wie vor kritisiert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik die Verteilungsungerechtigkeit beim Einkommen und Vermögen in Deutschland. Kausal ist hier die immer noch katastrophale Situation an mittlerweile kräftig segmentierten Arbeitsmärkten und einem daraus entstandenen riesigen Niedriglohnsektor, dem heute fast jeder vierte abhängig Beschäftigte angehört. Die Zuwächse bei den Erwerbspersonen und der Abbau der Arbeitslosigkeit nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gehen in Deutschland auf zwei wesentliche Faktoren zurück: Erstens auf eine nur schwache Produktivitätsentwicklung in Relation zu den realen Wachstumsraten und zweitens auf riesige Exportüberschüsse und in Folge eines „Exports an Arbeitslosigkeit.“ „Als Gegenmaßnahmen sind Tarifabschlüsse oberhalb der Verteilungsneutralität in Verbindung mit Arbeitszeitverkürzung dringend notwendig. Dies stützt die Binnennachfrage und fördert eine notwendige vollbeschäftigte Wirtschaft mit guter Arbeit ohne prekarisierte Arbeitsmärkte“, erklärt Prof. Bontrup.

Eng mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Verteilungspolitik ist auch die Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt verknüpft, auf dem ca. die Hälfte der deutschen Bevölkerung zur Miete wohnt. Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik fordert hier keine weiter marktgetriebene Subjekt- oder Objektförderung zur Lösung des Problems, sondern einen energischen Auftritt des Staates als eigener Bauherr durch öffentliche Wohnungsunternehmen. Dadurch kann der Staat gezielt öffentliche (kommunale) Wohnungen errichten und durch eine eigenständige Mietpreispolitik aussteuern. „Deshalb sind öffentliche Gelder in den öffentlichen Wohnungsunternehmen zum Neubau guter und bezahlbarer Wohnungen einzusetzen, die dauerhaft in öffentlichem Eigentum verbleiben. Als ersten Schritt fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ein öffentliches Sofortprogramm von sieben Milliarden Euro pro Jahr zur Errichtung von 100.000 neuen geförderten öffentlichen Wohnungen“, erklärt Mechthild Schrooten.

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