28.03.2022
Rudolf Hickel

Wer erhält die Energiepreispauschale von 300 Euro?

Bei der Antwort auf die Frage, wer die einmalige Energiepreispauschale erhält, gibt es große Verwirrung. Mehrfach wurde auch aus der Finanzwissenschaft behauptet, die Pauschale über 300 Euro würden generelle die Minijobber und Auszubildenden nicht erhalten. Hier wird auf die Tatsache, dass diese meistens keine Steuern bezahlen, abgestellt. Es muss jedoch zwischen Steuerpflichtigen und auf dieser Basis effektiven Steuerzahlern unterschieden werden. Nach der Logik des deutschen Steuergesetzes gilt die Steuerpflicht nicht die Tatsache, dass Steuerpflichtige keine Steuern bezahlen. Explizit nennt die Regierungskoalition die steuerpflichtigen Erwerbstätigen (§ 1 Einkommensteuergesetz) der Steuerklasse 1-5. Für diese Steuerpflichtigen wird die Pauschale auch bei dem im Gesetz vorgesehenen, nicht zu versteuernden Einkommen als „Zuschuss zum Gehalt“ gewährt. Bis zum Grundfreibetrag mit 9.984 Euro ist das Einkommen steuerfrei. Hinzukommt der allgemeine Arbeitnehmerpauschbetrag mit 1.000 Euro. Liegt nach der Hinzurechnung des einmaligen Zuschlags der 300 Euro das zu versteuernde Einkommen unterhalb dieser Steuerbefreiungsgrenze, dann fließt die Summe (brutto wie netto) komplett den Betroffenen zu. Danach setzt beim Eingangssteuersatz von 14% die Steuerzahlung ein und erreicht mit 42% den Spitzensteuersatz und 45% den Reichensteuersatz. Die Pauschale schrumpft mit dem Anstieg des Einkommensteuersatzes. Die Versteuerung der Pauschale schafft den Erwerbstätigen im Bereich steuerfreien Einkommens den größten Vorteil. Sie erhalten (brutto für netto) mit 300 Euro den vollen Betrag. Mit ansteigendem zu versteuernden Einkommen schmilzt der Nettobetrag. Damit ist entsprechendem dem Tarifverlauf der Einkommensteuer eine gerechte Entlastung sichergestellt.

Der Streitpunkt: Die Steuerklasse 6 wird durch den Koalitionsvorschlag explizit ausgeschlossen. Hier werden bestimmte Personengruppen eingeordnet (nach § 39 gilt: … die Steuerklasse VI gilt bei Arbeitnehmern, die nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn beziehen, für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom Arbeitslohn aus dem zweiten und einem weiteren Dienstverhältnis sowie in den Fällen des § 39c). Das bedeutet: Arbeitnehmer werden im Job nach einer der zutreffenden Steuerklassen (von 1 bis 5) versteuert. Dabei sind im Prinzip die Minijobber, die keine Einkommensteuer zahlen und AZUBIs. Nicht dabei sind Arbeitnehmer in der Steuerklasse 6, die zwei oder mehrere Jobs haben. Der zweite Job (sofern er die Minijob-Grenze von 450 Euro übersteigt) und jeder weitere Job wird nach der Lohnsteuerklasse 6 besteuert. Dazu zwei Beispiele: Studierende, die während ihres Studiums jobben und sich ihr Einkommen aufbessern, müssen sich unter Umständen in der Steuerklasse 6 einordnen. Gleiches kann für erwerbstätige Rentner gelten. Hier kommt die Steuerklasse 6 dann zum Tragen, wenn sie eine Betriebsrente erhalten und zusätzlich einen Nebenjob ausüben. Wie gesagt, nur die die Erwerbstätigen in der Steuerklasse 6 erhalten die Pauschale mit 300 Euro nicht.

Gegen die Verwirrung ist die Regierungskoalition gut beraten, schleunigst Klarheit über die strittigen Gruppen zu schaffen.

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