04.06.2022
Kurzbewertung zum Vorschlag des Bremer Senats von Rudolf Hickel

Gut begründete Zusatzbesteuerung der Übergewinne bei Mineralölkonzernen

Unbestreitbar hat die Krise vor allem im Energiebereich Übergewinne erzeugt (Gewinn über der normalen Gewinnentwicklung vor dem Energiepreisschub): Die Preise, die die Übergewinne erzeugen, liegen bei ansonsten unveränderten Bedingungen über den Normalpreisen. Von Windfall Profits, aber auch Kriegsgewinnen ist die Rede. Gegenüber stehen die staatlich finanzierten Ausgaben für sozialen Ausgleich infolge der Preistreiberei.

Eine Übergewinnbesteuerung ist sinnvoll. Durchgerechnete Vorschläge liegen für Italien (Draghi) und England (Johnson) vor. In Italien werden beispielsweise Umsatzsteigerungen von über 5 Mio. € gegenüber dem Vorjahr mit 25 % besteuert. Das ökonomische Problem ist die Abgrenzung zwischen Normal- und Übergewinnen. Eine tragfähige Separierung der Über- im Vergleich zu den Normalgewinnen ist jedoch seriös machbar.

Wichtig ist die Verwendung der Steuereinnahmen für die Finanzierung sozialer Entlastungsmaßnahmen. Damit ließe sich Heils dauerhaftes „soziales Klimageld“ finanzieren.

Der Vorschlag des Bürgermeisters Dr. Andreas Bovenschulte und des Finanzsenators Dietmar Strehl kommt zur rechten Zeit. Die Steuer auf Übergewinne wird durch nationale und internationale Expertisen sowie durch die Praxis in einigen Ländern abgesichert. Der Bundesfinanzminister, der derzeit diesen Vorschlag zurückweist, sollte diese Studien und die praktischen Erfahrungen zur Kenntnis nehmen. Dagegen hat Robert Habeck von den GRÜNEN die Idee auch in die Debatte eingebracht.

Habeck hat diesen Vorschlag noch ergänzt. Er fordert das Bundeskartellamt in Bonn auf, das Preisverhalten der Ölmultis zu untersuchen. Die haben in den letzten Monaten trotz sinkender Rohölpreise die Benzinpreise erhöht und Millionen an Gewinnen gescheffelt. Hier wird monopolitisches Verhalten zusammen mit Preisabsprachen vermutet. In der Wissenschaft ist die Rede von einer barometrischen Preisführerschaft. Ein Ölkonzern hebt den Preis an und die anderen gehen nicht in den Wettbewerb, sondern übernehmen das Signal nach dem Motto „Hannemann, geh Du voran“. Die digitale Technik ermöglicht eine sekundenschnelle Anpassung der Preise an der Tankstelle.

Ab dem 1. Juni wird sich zeigen, ob am Ende die reduzierte Energiesteuer um 30 Cent pro Liter Benzin, die bei den Raffinerien anfällt, doch wieder zumindest in Teilen von den Konzernen mitgenommen wird. Am Vortag der Einführung des Tankrabatts zeichnet sich die Art dieser Aneignung des Steuervorteils ab: Die Preise für Benzin und Diesel werden erhöht, um von dieser Basis die verminderte Steuer zurückzugeben. Dadurch wären die Mitnahmegewinne realisierbar. Das Bundeskartellamt sollte mit der Androhung von empfindlichen Geldstrafen gegen die Abschöpfung des Tankrabatts durch die Mineralölkonzerne Flagge zeigen.

Der gut begründete Vorschlag des Landes Bremen verdient bundesweite Anerkennung. Diese Initiative sollte um die Forderung nach einer Kontrolle der Preisbildung der stark vermachteten Mineralölkonzerne (mit einer vertikalen Konzentration über die Produktionsstufen hinweg) durch die Monopol- bzw. Wettbewerbskontrolle ergänzt werden.

Veröffentlichungen unserer Mitglieder
Aktuelles aus der AG Alternative Wirtschaftspolitik