Risiken reduzierter Unternehmenssteuern
Investitionsbooster: Risiken der steuerpolitischen Offensive für Unternehmen
Dem Doppel-Wumms der gescheiterten Rot-Grün-Gelb-Koalition folgt durch die Merz-Klingbeil-Regierung der radikale Wechsel zum steuerpolitischen Investitionsbooster. So will es der erste Gesetzentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil.
Die Maßnahmen des Steuerverzichtsprogramms für Unternehmen
Ab dem 1. Juli können bis Ende 2027 die Unternehmen, die nicht in Grund, Boden und Gebäude, sondern in die betrieblichen Produktionsanlagen investieren, vom 1. Juli bis Ende 2027 ihre zu ver- steuernden Gewinne um die Abschreibungen verringern. Diese Steuerentlastung für Unternehmen in der Gewinnzone soll ab 2028 durch eine in fünf Schritten geplante Senkung der Steuersätze auf Kapitalgesellschaften von derzeit 15% auf 10 % vollendet werden. Auch die Gewinne, die im Betrieb für Sachinvestitionen bleiben, werden laut dem Gesetzentwurf in drei Schritten von 28,5% auf 25% gesenkt. Schließlich gibt es für Betriebe, die Elektroautos anschaffen, einen Sonderbonus per Abschreibungen allein im ersten Jahr mit 75% der Anschaffungskosten. Übrigens sind von diesem E-Autobooster die privaten Haushalte ausgeschlossen.
Diese Hau-Ruck- Bundesregierung glaubt im Streit um das, was gegen die „strukturelle Wachstumsschwäche“ (Friedrich Merz) zu tun ist, eine Lösung gefunden zu haben: Die Steuern der Unternehmen seien zu hoch und deshalb die Investitionsrendite zu niedrig. Wiederbelebt wird der Steuermythos: Niedrige Steuersätze für Unternehmen erhöhen über ausgelöste Investitionen und damit steigendes Wirtschaftswachstum die Einnahmen in den staatlichen Kassen. Die Rede ist von Selbstfinanzierung dieser Steuersenkungspolitik für Unternehmen. Ein Blick auf die Erfahrungen mit dieser Steuerillusion hätte die Bundesregierung eines Besseren belehrt. Schon einmal ist mit einer gleichgerichteten Unternehmenssteuersenkung ab 2001 Deutschland der wirtschaftliche Aufschwung ausgeblieben. Die Folge waren eine fiskalische Haushaltsnotlage und schließlich steigende Staatsschulden.
Die drei Risiken des Pakets unternehmerischer Steuersenkungen
Über die Risiken dieses „Gesetzes für ein steuerliches Investitionsprogramm“ muss bei der Suche nach einem Konzept für eine zukunftsstärkende Wirtschaft im ökologischen Umbau gestritten werden. Dabei stehen die drei Risiken im Vordergrund:
- Übersehen wird oft, von den Sonderabschreibungen mit 30 % profitieren nur die Unternehmen, die auch Gewinne erzielen und damit durch Abschreibungen diese Netto erhöhen können. Gerade die vielen Unternehmen, die sich derzeit unverschuldet wegen der Mehrfachkrise in der Verlustzone bewegen, profitieren nicht von diesem Steuervorteil. Ihnen wird mit dem geplanten Sofortprogramm nicht geholfen. Darüber hinaus ist diese Abschreibungspolitik in der mittleren Frist riskant. Wer heute mehr an Anschaffungskosten abschreibt, der kann in späteren Jahren nur noch weniger für die Steuersenkung beanspruchen. Sollte der Investitionsbooster nicht wirken, wird der Steuervorteil in der möglicherweise folgenden Phase wirtschaftlicher Wachstumsschwäche praktisch verschwinden.
- Im Gegensatz zur Behauptung von zu hohen Unternehmenssteuern wird die Wirtschaft unter dem Regime der Mehrfachkrise belastet. Unternehmen fehlt planbare Nachfrage in der Binnen- und Exportwirtschaft. Die Exportwirtschaft leidet derzeit weniger an einer zu hohen Steuerlast als unter den Risiken des wachsenden Protektionismus nicht nur in den USA. Insbesondere die energieintensive Wirtschaft ächzt unter den im internationalen Vergleich sehr hohen Energiepreisen. Auch sorgt die neue Bundesregierung bei den Großprojekten für die ökologische Transformation mit ihrer Politik des erkennbaren Stillstands für eine gefährliche Planungsunsicherheit.
- Die fiskalischen Risiken dieser Steuerpolitik sind über ihre Beteiligung an den gesamten Steuern für den Bund, die Länder und die Gemeinden kaum beherrschbar. Im Entwurf zum Gesetz werden die Steuerausfälle bis 2029 auf 46 Mrd. € hochgerechnet. Der Widerstand der Länder zusammen mit den Kommunen ist vorprogrammiert.
Deutschland braucht ein Sofortprogramm für öffentliche Investitionen
Was hat jetzt Vorrang im Kampf gegen die anhaltende Wirtschaftsflaute? Die Gesamtwirtschaft braucht jetzt ein Sofortprogramm für öffentliche Investitionen durch den Bund mit flankierenden Unterstützungsmaßnahmen für die Unternehmen und private Haushalte. Dazu steht das über Kredite zu finanzierende Sondervermögen „Infrastruktur“ mit insgesamt 500 Mrd. € prinzipiell zur Verfügung (davon 100 Mrd. € für die Bundesländer und 100 Mrd. € für den bereits existierenden „Klima- und Transformationsfonds“). Deshalb muss das erforderlich Umsetzungsgesetz zu diesem Sondervermögen mit Vorrang verabschiedet werden. Die Investitionsprojekte, die bisher nur noch an der Finanzierung gescheitert sind, lassen sich unverzüglich umsetzen. Weil bereits geplant, aber noch nicht realisiert, fallen diese durchaus unter das Prinzip der Zusätzlichkeit. Hinzukommen müssen speziell gezielte Sofortmaßnahmen etwa für die energieintensive Industrie sowie ein Klimageld vor allem für die durch den ökologischen Umbau belasteten einkommensschwachen Haushalte.