27.07.2023
Rudolf Hickel

Zum heutigen Beschluss des EZB-Rates geht in die falsche Richtung: Hohe gesamtwirtschaftliche Kosten erfolgloser Inflationsbekämpfung

Die EZB hat heute die Leitzinsen innerhalb eines Jahres zum neunten Mal erhöht. Im Mittelpunkt steht der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte: Zu diesem Zinssatz können sich die Banken kurzfristig Geld gegen hinterlegte Sicherheiten bei der EZB ausleihen. Er liegt jetzt bei 4,25%.  Auch der Zinssatz für Einlagen der Geschäftsbanken, die sie statt im Bankengeschäft einzusetzen bei der EZB halten, ist der Zinssatz um 25 Basispunkte auf 3,75% belohnt.

Unter dem teils selbst erzeugten Druck, die hartnäckige Inflation mit den tradi­tionellen Mitteln der Geldpolitik bekämpfen zu müssen, wird die Zinswende in­tensiviert.  Dabei fällt die bisherige Bilanz dieser Politik des teuren und knappen Geldes auf breiter Front negativ aus:

  1. Diese Zinswende kann die erhoffte Entlastung bei der Inflation nicht auslö­sen. Leitgröße der Inflation ist und bleibt vor allem die Entwicklung der impor­tierten Energiepreise, die derzeit deutlich zurückgehen. Und die gehen zurück! Die leicht gestiegene Kerninflationsrate, die die Preise für Energie und Nahrungsmittel nicht erfasst, wird auch durch deren verzögerte Überwälzung auf den Endverbrauch geprägt. Hinzukommen die von Unternehmen durchgesetzten Preisaufschläge zur Gewinnsteigerung. Generell sei daran erinnert, dass nach dem Stand der wissenschaftlichen Untersuchungen die Wirkung dieser Geldpolitik auf die Inflation über ein Jahr in Anspruch nimmt.
  2. Unmittelbar erfolgreich ist die Geldpolitik beim gewollten Schrumpfen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. In Deutschland bewegt sich in diesem Jahr das Wirtschaftswachstum durch die höheren Zinsen vor allem bei der sich über Kredite finanzierenden Wirtschaft auf des „Messerschneide“. Allgemein wird die Rezessionsgefahr verstärkt. Die durch die EZB erzeugten höheren Zinsen für Baudarlehen dämpft die Baunachfrage und belastet die Bauwirtschaft schwer.
  3. Der Erwartung, die steigenden Leitzinsen würden an die Sparerinnen und Sparer weitergegeben, erfüllt der Großteil der Geschäftsbanken kaum. Die da­gegen steigenden Einnahmen aus dem Zuwachs an Kreditzinsen erhöhen die Zinsspanne und damit die Gewinne der Banken. Um diese geldpolitisch gewoll­ten Mehreinnahmen aus Spareinlagen auch zu erreichen stellen sich Fragen an das Bankenverhalten.

Fazit: Die durch die Zinswende verfehlte Bremsung der Inflation, je­doch die dadurch wachsende Gefahr gesamtwirtschaftlicher Wachstumsver­luste in Richtung Rezession sowie der mangelnde Anstieg der Zinsen auf Erspar­tes legen nahe: Die EZB muss spätestens bei ihrer nächsten am 14. September die Zinswende stoppen und den Pfad zur monetären Unterstützung der Ge­samtwirtschaft und des ökologischen Umbaus einschlagen.

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